Das Leben außerhalb der Jogginghose
Mit dem Corona-Lockdown wurde in allen Bundesländern der Präsenzunterricht an den Schulen von heute auf morgen eingestellt. Den Tag vor dem Bildschirm anstatt im Klassenzimmer zu verbringen wurde zum neuen Alltag – so sah unsere Zeit in der Oberstufe ab den Herbstferien bis nach den Semesterferien aus. Alle Fächer und Stoffgebiete mussten nun online vermittelt werden. Der Sportunterricht war in besonderem Maße betroffen, da digitale Formate im Unterschied zu den Lernfächern kaum umzusetzen waren. Viele „eröffneten“ ihr eigenes Heim-Fitnessstudio, doch damit nicht nur ein Teil zu Bodybuilder-Amateuren wurde und der andere aus dem „Gammellook“ und der bequemen Homeschooling-Haltung gar nicht mehr herauskam, musste eine Lösung für alle her. Obwohl sich unser Alltag auf Microsoft Teams abspielte, kommunizierten wir mit unseren Pädagoginnen und Pädagogen eher über WhatsApp. Blitzschnell rutschte die WhatsApp Gruppe „Turnen“ unter die Kategorie „häufig kontaktiert“. Wie in allen anderen Gegenständen waren auch im Fach Bewegung und Sport Arbeitsaufträge auszuführen. Die erste Idee waren Bewegungsprotokolle. Diese sollten wir wöchentlich ausfüllen und die Sportart, die Dauer und die Intensität eintragen, verschicken und auf Rückmeldungen warten. Sportaktivitäten in den Tag zu integrieren war weniger die Herausforderung als diese auch zu dokumentieren und die Meldungen abzuschicken…doch der eigene Nachrichtenton, der nur für diese Gruppe eingestellt worden war, erinnerte uns immer fleißig daran! Über die Wintermonate wurde der Transfer von Bewegungsprotokollen eingestellt – nun genügten Fotos. So mussten wir „beweisen“, dass wir uns in Form hielten. Einerseits war das eine tolle Möglichkeit, neue Wintersportarten kennenzulernen oder die Zeit im eigenen, neu eingerichteten Fitnessbereich zu verbringen. Auf der anderen Seite waren – wie in meinem Fall – die Hunde schon mehr zu bemitleiden, da der tägliche Auslauf letztendlich die einzige Motivation war, mich als hoffnungslosen Couchpotato weg von den Bildschirmen und hinaus in die Natur zu bringen, wobei die Hunde mich auf jedem einzelnen Kilometer begleiten mussten. Mit Start des Schichtbetriebes verbrachten wir zwei Wochentage im Präsenzunterricht, jedoch mit Hygiene- und Abstandsvorschriften. Sofern es möglich war, fand der Turnunterricht im Freien statt. Mit vielen Erkundungstouren durch die Stadt und Spaziergängen in der Natur versuchten die Professorinnen und Professoren, uns den Schulalltag etwas zu erleichtern und gaben uns die Möglichkeit, den Kopf freizukriegen. Wenn der Bedarf da war, wurden die Unterrichtsstunden auch für Vorbereitungs- oder Förderkurse für Schularbeiten genutzt, was für uns Schülerinnen und Schüler natürlich eine Win – win – Situation war, denn ehrlich gesagt hatten wir nicht immer Lust auf ein bisschen Spazierengehen, wenn wir in Gedanken schon über die anstehende Schularbeit oder Überprüfung grübelten. Jetzt, da der Sommer kommt, dürfen wir wieder auf den Sportplatz gehen und zumindest Ballspiele mit wenig Körperkontakt durchführen.
Rückblickend haben sich unsere Pädagoginnen und Pädagogen sehr ins Zeug gelegt, um auch im Sportunterricht das Beste aus der Situation zu machen. Es war mit uns, als schwer zu motivierenden Schülerinnen und Schülern, darunter einigen aktiven, aber auch passiven Sportlern, bestimmt nicht immer leicht, doch jetzt sind wir sogar froh, dass uns unsere Sportlehrerinnen und Sportlehrer vom Laptop weggebracht haben und wir dank ihrer Hartnäckigkeit nun auf dem richtigen Weg zur „Bikinifigur“ sind.